Schräglage / Bremsen / ABS / Rider Assist

  • Aus gegebenem Anlass, um das mal aus dem anderen Thread raus zu bringen:

    Wer mitgelesen hat, weiß, worum es geht. Soll man, wenn man sich mit einer Kurve verschätzt hat, lieber mehr Schräglage fahren oder bremsen und Geschwindigkeit reduzieren.
    Wenn man sich sowieso noch tief in der Komfort-Zone befindet und egal was man macht weit von den eigenen Limits entfernt bleibt, ist es eh egal, klar.
    Aber was am Limit?
    Egal welche der beiden Optionen man wahrnimmt, man riskiert immer einen Sturz, weil man sich ja nicht sicher ist, ob's noch reicht.
    Wenn es noch reicht, haben beide Versionen funktioniert.
    Wenn nicht, ist der Sturz wohl sanfter, wenn er durch Schräglage passiert, heißt es.
    Wenn NACH der Korrektur noch mal was unerwartetes kommt, ist man nach dem Bremsen langsamer, mit mehr Schräglage nur näher am physikalischen Limit in jeder Hinsicht.

    Eine Angst, die sich bei dem Thema zu zeigen scheint:
    Bremsen nur geradeaus.
    Sonst drohe der Abflug.
    Schräglage erst wieder mit gelöster Bremse.

    Und so wird das anscheinend auch gelehrt.

    Nun kennen wir den Kamm'schen Kreis aus der Fahrschule und wissen im Grund, dass das nicht stimmt. Aber die Angst vor dem Aufstellmoment bleibt. Und es wird ja auch so gelehrt, aufstellen -> bremsen.
    Wie also üben, wenn es einem selbst beim Training so nahegelegt wird?


    Das ist die Stelle, an der man sieht, wie wichtig das Bosch Kurven-ABS und das Honda Rider Assist sind.
    Was das Kurven-ABS kann, wissen wir alle, das Rad am Wegrutschen hindern, selbst wenn man mit der Raste am Boden voll in die Bremse greift.
    Was könnte nun das Honda Rider Assist in der Zukunft leisten? Ganz klar, dem entstehenden Aufstellmoment über Servomotor entgegenwirken. Wie stark das Aufstellmoment in Abhängigkeit von der Bremskraft ist, lässt sich (beim jeweiligen Motorradmodell mit einem bestimmten Reifen und Luftdruck) messen, eine Gegenkraft entsprechend aufbringen. Der nächste Schritt ist, aktiv die ausgeübte Kraft des Fahrers zu messen und wieder Richtungsänderungen durchzuführen.
    Erstmal hieße die Kombination aber, dass das Motorrad beim Bremsen in Schräglage nicht nur nicht weg rutscht, sondern auch federleicht mit einer Hand zu bedienen ist, weil sie von allein den Kurvenradius einhält.
    Im Grunde ist das nichts als ein Lenkkraftverstärker mit variabler Verstärkungskurve. Das kann auch als Weiterentwicklung des Lenkungsdämpfers gesehen werden.


    Meiner Meinung ist das der nächste logische Schritt um das ABS zu verbessern, den Fahrern Ängste zu nehmen und damit das Fahren allgemein sicherer zu machen.
    Wie bei jedem technischen System müsste natürlich auch der Umgang damit gelehrt werden.

    PKW und Motorrad auf der Straße sind wie Stein und Wasser im Fluss. Das Wasser zürnt nicht dem Stein.

  • Also in meinem letzten FST im Oktober 2016 wurde uns Teilnehmern die Gretchenfrage gestellt. Hindernis erkannt, ausweichen oder bremsen ??? Die meisten Teilnehmer, sowie ich selbst haben auf das in der Fahrschule gelernte Ausweichmanöver gesetzt, also Bremsen was geht, Bremse lösen, durch drücken mit dem Motorrad ausweichen, am Hindernis vorbeifahren und weiter. Funktioniert auch soweit in gestellten Situationen.

    Im wahren Leben sieht die Welt aber leider anders aus. Innerhalb von Sekundenbruchteilen muss ich als Fahrer eine äußerst komplexe Situation einschätzen, bewerten und entscheiden. Wie sieht die Straße hinschlich Oberflächen aus, habe ich Platz zum Ausweichen, links oder rechts vorbei ? Tatsache ist, das die heutigen Bremsen, Reifen und das ABS solche enorme Verzögerungen zulässt, das man alle Hände voll zu tun hat, nicht mit einem Stoppie über den Lenker zu fliegen, bzw. das man sich sehr gut festhalten muss. In so einer Bremsung, sich mental und physisch zu lösen, d.h. Bremse lösen, Motorrad umlegen, ausweichen und am Hindernis vorbeifahren ist keinem Teilnehmer wirklich gelungen. Gleicher Versuch bei verminderter Bremsleistung - es fällt allen Teilnehmern sichtlich schwer, gerade bei sich bewegenden Hindernissen, z.B Ball rollt auf die Straße, Kind läuft hinterher oder Auto fährt rückwärts aus der Parklücke auf die Straße, dem Hindernis vernünftig auszuweichen. Im Gegenteil man verschenkt wertvolle Meter um eine Kollision zu vermeiden. Einer der Instruktoren ist mit einer R1200 R mit ca. 80 km/h in einer Pylonengasse mit anschließendem Linksknick gefahren, quasi eine gestellte Ausweichsituation. Der Instruktor hat die Maschine am Hindernis umgelegt das die Funken geflogen sind, Wahnsinn. Mit immer mehr eingebauten Variablen in Form von Gegenverkehr, Position des Hindernisses wurde es schwieriger bis unmöglich vernünftig auszuweichen.

    Gleicher Versuch mit Vollbremsung ---> Ergebnis, alle Teilnehmer konnten bei zunehmender Variabilität der Situation viel länger eine Kollision mit dem Hindernis vermeiden. Also ist Bremsen die eigentlich bessere Methode. Ähnlich wurde das ganz auf einer Kreisbahn in Schräglage geprobt. Mehr Schräglage oder Bremsen wenn sich der Kurvenradius unerwartet verkleinert ??? Auch hier war das richtige Bremsen in Schräglage zielführender als Schräglage vergrößern. Nichts anderes macht das Kurven ABS von Bosch. Reifen gleich, Straße gleich, nur durch richtigen und gezielten Einsatz der Bremsen wird das Aufstellmoment maximal reduziert und ich komme sicher um das Hindernis in der Kurve oder durch die Kurve.

    Hier ein Video in dem das Bremsen, Ausweichen in einer Kurve und auch das "zuziehen einer Kurve" mit Kurven ABS gezeigt wird.

    https://www.youtube.com/watch?v=ceMEOikYOLo

    Selbst wenn man diesen System nicht hat, kommt man mit dem richtigen Einsatz der Bremse auch in Kurven sicherer durch, wen man sich z.B. mal verschätzt hat.

    EDIT:

    Meikel: Du kannst meinen Beitrag gerne in den neuen Fred von Ocard verschieben, da passt er besser rein.

    Gruß Markus

    Einmal editiert, zuletzt von marenz3518 (26. April 2017 um 08:06)