Kurventraining

  • Hier mal meine Eindrücke zum Kurventraining mit dem Hamburger Instruktoren Taem, auf dem ADAC Ring Lüneburg, mit Uwixx.

    Wie jedes Jahr: USS Dwight D. Eisenhower alias Uwe auf VFR1200 und Enterprise alias Werner auf FJR1300A zum Kurvenballett.

    05:30 der Wecker klingelt. Die Kerle von HIT (Hamburger Instruktoren Team) haben einen an der Waffel. Acht Uhr in Lüneburg sein, bei meinem Jahrgang, und zu dieser Zeit sind die Klüsen noch verklebt, und mein Kreislauf hat gerade genug Leistung das Bad zu erreichen. Vor dem Spiegel -, Licht fällt in meine Sehschlitze. Die schlaffe Gestalt mit dem zerknautschten, bartstoppelige Faltengesicht soll Motorradfahren? Da kannst du auch versuchen einen Caterpillar
    [Blockierte Grafik: http://foto.arcor-online.net/palb/alben/69/…83263366535.jpg] zum schwimmen zu bringen.
    Nach Toast und Kaffee, entlässt mich meine Liebste auf die Piste, nicht ohne dem Seemann ein paar Ermahnungen mitzugeben, jepp... ich fahr immer vorsichtig.

    06:45 mit Uwe an der Tanke treffen und ab Richtung Lüneburg. Hallo wach, 7°C ziemlich frisch auf der BAB und dem Hobel. Eintreffen ADAC Gelände 07:30, uns ist kalt und im ADAC-Gebäude gibt es heißen Kaffee. Außerdem sind wir Wiederholungstäter und kennen das Dicke Hose Prozedere auf dem Platz schon.

    Kuksdu... Remus, Leo Vice Tüten, nein es kein neuer Armani Duft. Angst Nippel und unbenutztes marginales Gummi wird taxiert, Reifendruck runter für mehr Grip, wow, Fahrerlagerambiente. Welches Gummi ist das bessere, Wilbers Fahrwerke das Geheimnis die Kurve zu rocken... hmmmmja, lieber einen heißen Kaffee.

    08:00 Fahrer Besprechung, Gruppen werden eingeteilt, wir, Uwe und ich wissen schon was wir tun (glaube ich)!Wir haben die Chance erhalten ein Einzeltraining mit Instruktor Michael zu fahren. Wie geil ist das denn.
    Kurzer schnack, Reifendruck checken, und los geht's:

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    Wenn auch mit behäbigem Gerät, gehen wir mit den Gebückten auf die Bahn, nur mal einrollen und schauen wie es geht. Gut ging's, also haben wir die Gebückten einfach mal umrundet .

    Wieder im Fahrerlager wurde es quittiert mit einem "ihr seid aber flott mit euren Trägerschiffen unterwegs". Naa... man soll den Tag nicht vor dem Abend...

    Besprechung mit dem Coach, Reifenkontrolle, Brems, Einlenkpunkte, strafferer Abstimmung meiner Gabel . Einweisung in die richtige Sitzposition, Fußballen auf die Rasten, Oberkörper leicht vorne, und in den Kurven das innen Knie nach vorne schieben. Eh - ich hab alle Hände voll zu tun die Telefonzelle auf dem Asphalt zu halten und jetzt auch noch turnen, auf meiner Hubraumplantage?

    Mit der Birne voller Anweisungen in die nächsten Runden, Schranke hoch und wir widmen uns der Lust die Ohrläppchen vom Asphalt krabbeln zu lassen, der Rest ist sowieso egal oder?

    Es wird schneller und damit eng im Lustzentrum, na da ist eh nicht viel Platz zum Denken. Also was sollte ich tun - ? - wo kommt jetzt die Kurve her, wieso bin ich schon am Bremspunkt vorbei, zu spät eingelenkt, warum hab ich noch den dritten Gang, die Kurvenlinie stimmt nicht, warum zieht die Karre jetzt nicht durch! Durch die Abläufe grübeln dauert zu lange, Fehlerkaskaden treten auf.

    Neuer Anlauf. Wie war das, das richtige Procedere am Bürzel von Coach Michael andocken immer die Hecknummer von seinem Schellboot fest im Fadenkreuz. Im Kielwasser des Instruktors ordentliche Abläufe üben bis man es im Schlaf kann, aye-aye, Sir. Routine stellt sich ein, alles wird leichter, es wird zum kreisen in Zeitlupe. Plötzlich hat man Zeit Dinge wahrzunehmen , an die man vorher nicht den Bruchteil einer Sekunde verschwenden durfte.

    Der Streckenposten zeigt die letzet Runde an. Noch einmal Traumzeit, unser Trio mit zwei Traumschiffen beschleunig auf die Schikane zu, Bremspunkt, mein Pott verzögert mit wimmernden Bremsen. Über 400 Bruttoregister-Kilos bei noch 43,2 Knoten, (80kmh) mit der kinetische Energie von 32 Tonnen werden die Bremsscheiben durch die Bremsklötze geschoben. Unsere Träger tauchen tief über den Bug ein, dabei wird mein Hintern schwerelos, und sachte kann ich das mächtige Teil leicht links versetzt wieder auf das Polster ablegen. Bremse lösen, ab winkeln..., Gas anlegen und den einsetzenden Schub nützen um nach rechts zu kippen. Die Tonnage schiebt den Träger in die Federelemente fast auf Block, nur die Titanic liegt tiefer!! Traumhaft, ich liebe meine Trägerschiff. (nein, nicht meinen Ar...)

    Das Ende der Curbs auf der linken Seite anvisieren, gerade stellen, und die Brause auf Anschlag , PS und Drehmoment lässt das Vorderrad schwerelos werden. Dritter Gang rein, Vorderrad knallt runter. Ende der Curbs auf der rechten Seite anpeilen links abwinkeln, Gas anlegen aufziehen, lange links Kurve. Auszeit, alles steht still, der Blick eilt voraus, da ist er wieder, mein Traum, die weite, mit Dampf durchzirkelte Kurve.

    Fahrerbesprechung : Dämpfung vordere Gabel 4 Klicks zu, Federbein 3 Klicks zu. Wir besprechen fließende Ideallinie , Coach Michael hat gut reden mit seiner 600derter leicht wie ein Fahrrad. Der Kurs bei dem Tempo ist Schwerstarbeit, wie Kohlen schippen auf dem Dampfer.

    Aber welch Wunder, ich gebe meinem "ich bin der Größte" Einflüsterer die rote Karte, und fahre diszipliniert mal das was Michael zelebriert - und alles geht leichter. Nach der letzten Runde vor dem Mittagessen sind unsere Reifen bis auf Kannte angefahren und zeigen schon leichtes Graining.

    Mittagessen, dann nach der Fütterung bei einer Tasse Cappuccino und Sonne auf dem Bauch erkenne ich die Möglichkeiten:
    Fahrer, die Knie oder Nippel schleifen und die fusseln am Reifen wollen, brauchen einen Mentor, einen Meister, Obi-Wan-Kenobi. Der uns in Salamitaktik näher bringt, den Zylonentanker flüssig und ohne Panikattacke ums Eck zu bringen. Ein Windgesicht, das dir in der Ruhe Ahabs klar macht, das du deinen Moby Dick liegend um die Ecke bringen kannst und knapp über dem Asphalt einem Käferchen ins Auge schauen kannst.

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    Nach dem Essen wird die Fahrtrichtung umgekehrt , schade ging grad so gut.

    Erst mal eingewöhnen, langsam Anrollen. Die Situation ist angespannt am Bauch, vom Mittagessen. Und plötzlich Spannung auf der Strecke, Rutscher, Reifen Kalt-?- zweiter Rutscher, Mist Bitumen auf der Idealline. Das frisst an meinem Vertrauen zu Gummi und Piste, ich mutiere schlagartig zum Bergaufbremser. Michi Coach Stoner fährt schneller. Ich hab keinen Bock auf flachparken , nun schlägt er auch noch eine neue Linie ein. Gar nicht so übel, das hat was, Meister Ahab gib Gummi. Die ganze Flickerei liegt in einer schnellen lang gezogenen Rechtskurve. Vollgasanfahrt auf die Rechts, abwinkeln genau die etwa ein Meter breite Gasse in der Mitte der beiden parallel laufenden Bitumen streifen anpeilen und durch. Die Brause auf lassen und nach rechts an die Curbs, um die restlichen Bitumen flicken tragen lassen, super Linie und Bitumen umrundet, na das macht doch wieder Laune.

    Michael ist bei der Besprechung mit meiner Linie nicht zufrieden. Mach mal größere Bögen, du bist dann schneller und die Angstnippel bekommen weniger Abrieb und nur die Schikane im zweiten Gang fahren, alle anderen Kurven gehen im dritten Gang. Mehr Lenkimpuls beim Abwinkeln geben, Hände nur locker am Lenker.

    Auf in die Bahn. Eine Runde werden die Reifen warm gerollt, dann leichtes angasen. Der Coach zeigt verschärft Lenkimpuls, weite Radien und zuletzt will er unsere entspannte Haltung auf den Kampfsternen sehen. Verschärfte Gangart, am Fahrerlager vorbei mit Vollgas anschieben, Gas stehen lassen, lange rechts Kurve, anschließende Gerade noch mal aufziehen. Bremspunkt 90° Rechtskurve, einfangen der Tonnage, Lenkimpuls - müheloses abwinkeln, im Dritten bleiben angasen, aufrichten dann Brause auf dabei links kippen und auf den Reifenstapel zu. Rechts kippen und durch die Bitumen streifen, Gas weiter aufziehen nach außen auf die Curbs zu tragen lassen. Geradestellen Vollgas auf die Schikane zu, Bremspunkt, Ankern. Zweiter Gang ,Lenkimpuls, links klappen,

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    Lenkimpuls, rechts abwinkeln, angasen, - märchenhaft - man hört auf das Motorrad zu balancieren, so zügig bin ich noch nie durch die Schikane. Vollgas, und Getriebe durchladen, lange rechts. Wir gehen mehr ins hang off über.

    Die Gebückten sind auch besser geworden, haben aber Mühe uns zu holen. In der Schikane gehen wir immer früher ans Gas, dann plötzlich geht die Fuhre in den Slide. Sie wird hinten lang und länger, Schräglagenfreiheit ausgeschöpft, was jetzt, 90% Schräglage, ablegen, kaltverformen, nö am Gas bleiben, sie kommt wieder hoch, wenn das kein Highsider wird. Auf das Bocken bin ich gefasst, mein Aquarium wird einmal gut durchgeschüttelt, dann ist die Lage wieder stabil, das war ein, wenn auch unfreiwilliger, aber durchgezogener Slide, Geil. Na ja, es braucht so ein zwei Runden um den Adrenalinspiegel wieder auf einem gebrauchsfähigen Level zu haben, und alle Alarmsirenen an Bord wieder auf Standard Procedure zu fahren . Und dabei habe ich den fetten schwarzen Strich, den der Hinterreifen gemalt hat, gebührend gewürdigt. Michael hat das Spektakel im Spiegel beobachtet, sein Kommentar "Kurvenradius zu eng". Ich hab dann mal mehr aufgemacht nach der Schikane, und Obi-Wan hatte recht. Im Ergebnis mehr Tempo weniger Unsicherheiten.

    Auch in diesem Jahr muss es ausgesprochen werden. Die Reflexion der Erleuchtungen. Das Zen des Motorradfahrens. Es ist eine andere Ebene des Erlebens. Irgendwann ist sie da, nicht nur die mit Kraft durch zirkelte Kurve, sondern die fließende Linie der gesamten Strecke. Der Spirit of Dreams, die Meditation der harmonischen Ideallinie, alles ist konzentriert, versammelt. Die Trennung von innen und außen ist aufgehoben, der Augenblick beinhaltet alles, der Moment der Balance zwischen Fliehkraft und Gripp, Ahmen.

    Allerdings gab in der vorletzten Runde des Tages die Gummimischung des Reifens auf, zu heiß, er fing an in jeder Kurve zu schmieren. Gas raus, das war's. Was will man mehr. Wenn ein Tourensportreifen, in meinem Fall der Z8, am Ende des Tages die Flügel streckt, hat man wohl ordentlich gearbeitet. Wir stellen unsere Zylonentanker ab, Michaels Kommentar: das er nur selten bei einem Fahrertranig seine Reifen so angefahren hat wie heute. Uwe und ich haben heute einiges zu hören bekommen, die Bemerkung Michaels war mir die wichtigste.

    Michael hat es geschafft uns das Kurvenkratzern aus zu treiben. Wir haben aufgehört hochwertige Geschwindigkeit in sinnlose Brems - Wärme oder Reibungswärme zu Wandeln.

    Wie tief, wie schnell, wie viele Slides, wie viele hergebrannt, auf der Seitenwand Graining , oder sind die Fußrasten weg. Alles egal, wenn die ganze Enchilada haben kann, die Runden wie von selbst laufen, Adrenalin und Endorphine Karussell fahren und dein Grinsen Inoperabel wird.

    Uwe-------------------------------------------------Werner--------------------------------------------
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    Es hat wieder mächtig Spaß gemacht mit dem Hamburger Instruktoren Team, speziell mit Michael Baumann Inhaber der Firma MB- Motorräder und

    Mischael bei artgerechter Bewegung

    Gruß Werner

  • Moin Werner,

    kann mich da nur anschließen.Super geschrieben,man fährt ja beim lesen förmlich mit.Ich kenne die Strecke in Lüneburg und weis wie es da aussieht.Bin im August wieder da beim ADAC zum Schräglagentaining.Vieleicht ist ja bis dahin bei HIT auch nochmal was frei.Viel Spass noch bei Deinen Erinnerungen.


    Gruß Karsten

  • Trägerschiff, Kampfstern und natürlich mein Favorit Zylonentanker, wie ich diese Begriffe liebe. Und das Bild vom Flugzeugträger ist auch toll eingefügt. Schön zu lesender Text.

    PKW und Motorrad auf der Straße sind wie Stein und Wasser im Fluss. Das Wasser zürnt nicht dem Stein.

  • Hallo Werner,
    das Lesen hat Spass gemacht und Erinnerungen wach gerufen.
    -> Schee!
    Der Lenker ist zum Lenken nicht zum Festhalten! :rolleyes:
    Viel Spass beim Üben!
    Gruß
    Th.

  • Hey Werner,
    schön daß Du uns an Deinem herrlichen Tag teilhaben lässt,
    Ihr scheint ja richtig tollen Spass gehabt zu haben.
    Und dann noch alles so schön mit orginellen Vergleichen zu beschreiben klasse :!: :thumbup: :thumbup: :thumbup:

    Grüßle Martin
    wünsche allen, fahrt schräg und kommt gesund heim
    "Statt zu klagen, dass wir nicht alles haben, was wir wollen,
    sollten wir lieber dankbar sein,
    dass wir nicht alles bekommen, was wir verdienen."
    (Dieter Hildebrandt)

  • Werner, toller Bericht :thumbup:

    Hat Spass gemacht zu lesen :thumbup:

    Da stellt sich mir trotzdem die Frage, was länger gedauert hat - Schräglagentraining oder das Schreiben :D ;)

    Super auch, dass ihr wieder heile nach Hause gekommen seid :thumbup:

    LG

  • Kompliment Werner Geeeeeil geschrieben.
    Tja auch " Alte " Hasen lernen nie aus :thumbup:
    Hattet Viel Spass und hoffentlich auch in den anderen Gruppen keine Ausfälle.
    Habt ihr das Training in Textiklamotten fahren dürfen ?

    Es grüsst der Frank

    Zauberei aus V4 wurde R2 8o

  • Michi

    das Training hat länger gedauert. Ich muss ab und zu mal Artikel oder Vorträge
    schreiben. Da fällt es nicht so schwer, ginge besser wenn meine Grammatik nicht
    so schlecht wäre. ;(


    @Jägermeister

    Nun Ja Michael Baumann ist Rennfahrer gewesen, und fährt heute noch Rennen aber wohl nicht mehr als Lizenz Fahrer.
    Da kann man schon eine Menge lernen.

    Ja Textil, die Geraden sind sehr kurz das abwinkeln und Kurvenziehen ist in
    Lüneburg die Hauptsache.

    Ausfälle gab es auch in den anderen Gruppen keine, die Leistungsgruppen
    sind immer gut auf das Fahrkönnen abgestimmt.

    Gruß Werner

  • Irgendwann ist sie da, nicht nur die mit Kraft durch zirkelte Kurve, sondern die fließende Linie der gesamten Strecke. Der Spirit of Dreams, die Meditation der harmonischen Ideallinie, alles ist konzentriert, versammelt. Die Trennung von innen und außen ist aufgehoben, der Augenblick beinhaltet alles, der Moment der Balance zwischen Fliehkraft und Gripp, Ahmen.


    Jep!


    Ey da bin ich ja voll neidisch!
    Grüße an euch beide :thumbup:

    Gruß Olaf


    Aus technischen Gründen befindet sich die Signatur auf der Rückseite meines Beitrages. ^^