Geschwindigkeit - beherrschbar oder nicht

  • Da es im "Vernunft versus Freiheit"-Thread von Handzumgrus zur Sprache gekommen ist, aber thematisch nicht ganz rein passt, ich das Thema jedoch interessant finde und immer wieder gern und ausführlich bespreche (was waren das Zeiten im Tempolimit-Thread bei Motor-Talk), möchte ich das für alle, die drüber reden wollen, hier aufgreifen.

    Wird ein Motorrad mit steigender Geschwindigkeit unkontrollierbar?
    Ausgangsthese
    RallaKoelle schreibt:
    "Man muss einfach nur akzeptieren, dass ein Motorrad jenseits der 100 km/h aus physikalischen Gründen kaum noch und ab 200 km/h fast gar nicht mehr beherrschbar ist, sondern der Glückfaktor eine immer größere Rolle spielt.

    Jeder, der wir ich bei Tempo 230 mal eine Vollbremsung machen musste, wird wissen, wovon ich rede."

    Ocard meint dazu:
    "Die physikalischen Gesetzmäßigkeiten ändern sich weder oberhalb von 100km/h noch oberhalb von 200km/h. Was sich ändert ist, dass die Bremsanlage und das Fahrwerk eine höhere Leistung übertragen müssen, dafür sind sie aber ausgelegt, und die persönliche Wahrnehmung - man hat schlicht mehr Angst, was sich immer negativ auf alles auswirkt. Der Faktor Glück spielt nur in so fern eine Rolle, als dass bei höherer Differenzgeschwindigkeit die Annäherung während der Reaktionszeit größer ist. Das gilt aber auch schon bei 50km/h vs. 0km/h.

    Physikalisch gesehen ist ein Motorrad bei 50, 150 oder 250 gleicher Maßen beherrschbar."

    Pieke verweist:
    "das hat schon etwas mit Glück zu tun. Die physikalischen Gesetzmäßigkeiten sind dieselben, aber wenn es zu einem Unfall kommt, sind die Auswirkungen von der Wahrscheinlichkeit her meistens gravierender. Hinzu kommt, dass andere Verkehrsteilnehmer uns mit zunehmender Geschwindigkeit eher falsch einschätzen."


    An dieser Stelle trenne ich den Faden ab und steige hier mit neuem Thread wieder ein:
    @Pieke
    Wenn man mit höherer Geschwindigkeit einschlägt, ist die übertragene Kraft größer, ja, das ist physikalisch banal. Allerdings sagen diese Unfallfolgen überhaupt nichts über die Beherrschbarkeit des Fahrzeugs bei höheren Geschwindigkeiten aus.
    Auch die Einschätzung durch andere hat erstmal nichts mit der physikalischen Beherrschbarkeit des Fahrzeugs zu tun (Ausgangsthese beachten) und nur sehr bedingt mit "Glück". Wenn ich 200+ fahre, dann muss ich halt vielleicht auch mal bremsen und darf mich nicht einfach drauf verlassen, dass ich einfach vor gelassen werde. Geht man davon aus, dass 200+ ohnehin nur auf der Autobahn sozial akzeptabel ist, dann heißt das:
    Schert jemand mit 90 hinter einem LKW aus, dann reden wir von einer Differenzgeschwindigkeit von 110 bis... wir sind hier im VFR 1200 Forum als sagen wir bis 160km/h.
    Bewege ich mich innerorts auf ein entgegenkommendes Fahrzeug zu, dann ist das eine Differenz von 100km/h, mit schmaleren Straßen, Fußgängern rechts und Querverkehr.
    Bewege ich mich außerorts auf ein entgegenkommendes Fahrzeug zu, dann ist das eine Differenz von mal eben 200km/h. Auch mit oft schmaleren Straßen. Mit Querverkehr ist es oft immer noch eine Differenzgeschwindigkeit von 2x70km/h = 140km/h.
    Die anderen Verkehrsteilnehmer haben also überhaupt nicht mehr, was sie falsch einschätzen könnten, als bei "niedrigen" Geschwindigkeiten auch.

    Und über 100? Wo fährt man zum Beispiel 160, ja nicht im dichten Berufsverkehr. An den Einmündungen wo zumindest hier überall 70 stehen sind's ja auch wieder nur 100 und die 70m kann man vorausschauen. Wer da noch raus fährt, der macht das unabhängig davon, wie schnell man unterwegs ist. Wenn man überholt, dann gilt mit 160 genau wie mit 100, dass man die Überholstrecke überschauen können muss und dann müssen die anderen Verkehrsteilnehmer auch nichts zusätzlich beachten.


    Klar kann man immer einen Fehler machen und je höher die Geschwindigkeit ist, desto weniger Zeit hat man selbst und ggf. der andere, um ihn auszugleichen. Aber das ist ja eine Binsenweisheit. Deswegen werden die höheren Geschwindigkeiten nicht zur unkontrollierbaren Glückssache.

    PKW und Motorrad auf der Straße sind wie Stein und Wasser im Fluss. Das Wasser zürnt nicht dem Stein.

  • ...Deswegen werden die höheren Geschwindigkeiten nicht zur unkontrollierbaren Glückssache.


    ...rein objektiv nicht...aber subjektiv halt... ;)

    Every man has a right to his opinion, but no man has a right to be wrong in his facts :!:
    ...just my 2 cent... ;)

  • Pieke verweist:
    "das hat schon etwas mit Glück zu tun. Die physikalischen Gesetzmäßigkeiten sind dieselben, aber wenn es zu einem Unfall kommt, sind die Auswirkungen von der Wahrscheinlichkeit her meistens gravierender. Hinzu kommt, dass andere Verkehrsteilnehmer uns mit zunehmender Geschwindigkeit eher falsch einschätzen."


    @Pieke
    Wenn man mit höherer Geschwindigkeit einschlägt, ist die übertragene Kraft größer, ja, das ist physikalisch banal. Allerdings sagen diese Unfallfolgen überhaupt nichts über die Beherrschbarkeit des Fahrzeugs bei höheren Geschwindigkeiten aus.
    Auch die Einschätzung durch andere hat erstmal nichts mit der physikalischen Beherrschbarkeit des Fahrzeugs zu tun (Ausgangsthese beachten) und nur sehr bedingt mit "Glück".

    Ocard, du musst schon richtig lesen!
    Das habe ich so nicht geschrieben, oder behauptet.

    Gruß

    Pieke

    (Ich bin eins mit der Maschine :whistling: , und die Maschine ist mit mir :D )

  • Die physikalischen Gesetzmäßigkeiten ändern sich nicht. aber nicht jeder Fahrer hat die Gesetzmäßigkeiten auf dem Schirm. Z.b das sich der Bremsweg im Quadrat zur gefahren Geschwindigkeit verlängert.

    Beispiel: Bremsweg bei 50 km/h ca. 12.5m

    bei der Vervierfachung der Geschwindigkeit auf 200 km/h verlängert sich der Bremsweg auf 42 = 16 mal so langer Bremsweg wie bei 50 km /h also auf ca. 200 m. Lege ich noch eine Schippe darauf , z.B 250 Km /h werden aus dem Bremsweg 312 m.

    Gruß Markus

    Einmal editiert, zuletzt von marenz3518 (20. März 2017 um 22:59)

  • @Pieke
    Da ich deine Worte zum Zitieren kopiert und eingefügt habe, steht die Variante, dass du das nicht geäußert habest, nicht zur Wahl.

    @Hannington
    Was hat das Abspalten eines Themas aus einem anderen Thread mit der Jahreszeit zu tun?

    PKW und Motorrad auf der Straße sind wie Stein und Wasser im Fluss. Das Wasser zürnt nicht dem Stein.

  • Es gilt wie immer:
    Wenn du was zu sagen hast und/oder was anders meinst, dann sprich einfach. Bockig sein und sich sperren bringt nichts.

    Ich sag dir ja auch nicht einfach nur, dass das was du da erzählst nix mit der Ursprungsbehauptung zu tun hat, auf die ich reagiere, sondern gehe auf das ein was du sagst. Auch du darfst versuchen, deine Gedanken noch mal richtig zu formulieren, wenn's beim ersten Mal nicht so geklappt hat wie du's dir gewünscht hast.

    PKW und Motorrad auf der Straße sind wie Stein und Wasser im Fluss. Das Wasser zürnt nicht dem Stein.

  • Da ich ja irgendwie die Diskussion ins rollen gebracht habe, will ich hierzu noch etwas ergänzen:

    Für alle, die sich angegriffen fühlen, weil sie es so verstanden haben, dass sie bei höheren Geschwindkeiten ihr Moped nicht mehr beherrschen, sei gesagt, dass dies nicht so gemeint war. Ich persönlich bin auch ein sehr guter Fahrer und habe die Notbremsung aus 230 heile überstanden. :saint:

    Mit physikalischen Gründen meine ich genau das Thema von Markus - Bremsen bzw. Ausweichen. Und unter Glücksfaktor verstehe ich das, was Markus noch vergessen hat, nämlich die berühmte Reaktionszeit von - im besten Fall - 1 Sekunde (bei 200 km/h = 56 Meter).

    Ich persönlich hatte sehr viel Glück, dass ich nicht gerade in dieser Sekunde abgelenkt war. Ich hatte auch Glück, dass ich die Warnblinker am Stauende schnell und richtig gedeutet habe. Und ich hatte echt Glück, dass das Stauende sehr gut einsehbar war. Vielen Dank auch nochmals an die nachfolgenden Fahrzeuge, dass mich keiner getroffen hat.

    Meine Frau arbeitet bei einer Rückversicherung in der Schadenabteilung und hat täglich mit Bikern zu tun, die deutlich weniger Glück hatten. Daher weiss ich schon, wovon ich spreche und ich weiss auch, dass das genau das richtige Thema für März / April ist.

    So, jetzt ist es aber gut und ich wünsche allen viel Spaß und Freude in dieser Saison. Ach ja, das notwendige Glück wünsche ich Euch natürlich auch. :thumbup:

    Wünsche allen stets ein Stück Strasse mit Grip unterm Reifen. :thumbup:
    Euer Ralle us Kölle (für alle Nicht-Rheinländer: Ralf aus Köln :D )

  • Habe die Reaktionszeit und die Schwellzeit (0.3 - 0-5 sek. bis der maximale Bremsleistung aufgebaut ist) nicht vergessen. Die Zeiten ändern sich nicht mit zunehmender Geschwindigkeit, nur die zurückgelegte Wegstrecke steigt proportional zur Geschwindigkeit. Kommt aber natürlich auch noch auf den Bremsweg drauf, so das sich dann der Anhalteweg ergibt ;)

    Gruß Markus

  • Hallo,

    interessantes Thema - was für mich ein echtes Highspeed-Problem im Sinne der Fahrzeugbeherrschung darstellt ist die durch die Rotationsenergie E(Rot) der Räder verursachte Störrigkeit gegen Richtungsänderungen. E(Rot) ist ja 1/2 mal Trägheitmoment mal Winkelgeschwindigkeit zum Quadrat halt. Je schneller Du bist, desto stabiler läuft das Motorrad geradeaus sofern das Fahrwerk das hergibt. Ein schneller Spurwechsel bei Geschwindigkeiten über 280 kostet richtig viel Kraft und ist - zumindest für mich als mittelmäßiger Fahrer - nur schwer kontrollierbar. Bei Kreiselkräften ist ja alles nochmal komplexer wegen Präzession und Nutation. Da ballerst Du bei der Vollbremsung von 300 runter stabil auf Deiner Spur ohne Chance ausweichen zu können, erst unterhalb von 150 sind bei mir wieder schnelle (na ja) Richtungswechsel drin.

    Ich fahre als Zweitmopped eine Kawa ZX-12R (Vmax 300). Da hast Du nicht mal ein ABS, wenn bei Vmax was quer kommt fährst Du mit Herzstillstand mitten durch ob gewollt oder nicht. Eigentlich Wahnsinn, diese Speedbolzerei...darum macht es ja auch so einen Spaß wie Freeclimbing, Skispringen oder Samstagseinkauf in Frankfurt.

    Viele Grüße,
    Wolfus

  • Die physikalischen Gesetzmäßigkeiten ändern sich nicht. aber nicht jeder Fahrer hat die Gesetzmäßigkeiten auf dem Schirm. Z.b das sich der Bremsweg im Quadrat zur gefahren Geschwindigkeit verlängert.

    Beispiel: Bremsweg bei 50 km/h ca. 12.5m

    bei der Vervierfachung der Geschwindigkeit auf 200 km/h verlängert sich der Bremsweg auf 42 = 16 mal so langer Bremsweg wie bei 50 km /h also auf ca. 200 m. Lege ich noch eine Schippe darauf , z.B 250 Km /h werden aus dem Bremsweg 312 m.


    Korrekt......noch katastrophaler sieht das bei 299kmh aus....und mal die Schrecksekunde an Reaktionszeit oben drauf ergibt sich ein Bremsweg gar nicht zu schaffen auf den anderen Verkehrsteilnehmer vernünftig zu regaieren welche nunmal vorhanden sind.

    Solche Idioten Rennen mit Porsche und Ferrarie habe ich mit der Fireblade SC 59 auch schon hinter mir, würde ich heute nicht mehr vollziehen.....reiner Wahnsinn.
    Heute sage ich mir lass Sie ziehen, ich weiss das ich mit einem 1000er um 200 Ps Supersportler in der Beschleunigung bis 270kmh sowieso die Nase vorn habe......und wer den längeren hat interessiert mich nicht mehr.

    Zurück zu Tema, auf jeden Fall hat man bessere Chancen bei " nur" 150 kmh zu reagieren und eventuell auszuweichen.......das steht fest Physik hin und her.

    Dat Leben ist schön aber teuer, man kann es auch billiger haben, aber dann ist es nicht mehr so schön.( Verfasser unbekannt)

    Gruß
    Michael

  • Es gilt wie immer:
    Wenn du was zu sagen hast und/oder was anders meinst, dann sprich einfach. Bockig sein und sich sperren bringt nichts.

    Ich sag dir ja auch nicht einfach nur, dass das was du da erzählst nix mit der Ursprungsbehauptung zu tun hat, auf die ich reagiere, sondern gehe auf das ein was du sagst. Auch du darfst versuchen, deine Gedanken noch mal richtig zu formulieren, wenn's beim ersten Mal nicht so geklappt hat wie du's dir gewünscht hast.


    Es hat beim ersten mal schon geklappt, aber du hast es mal wieder nicht verstanden. Wie immer.

    Zu den meisten Unfallereignissen gehören mindestens zwei Unfallgegner, die zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt an einem ganz bestimmten Ort sind. Würde einer von diesen beiden 1 Minute später losfahren, kommt es nicht zu diesem Unfallereignis. Das ist dann Glück für den einen, der heile durchkommt und Pech für denjenigen der es nicht schafft.
    Ein gutes Beispiel ist das Video, was Ocard einmal eingestellt hatte, wo der Verursacher in den Gegenverkehr kommt. Würde er alleine mit dieser Geschwindigkeit auf der Straße sein, wäre es nicht zu diesen Unfall gekommen und man könnte behaupten, er beherrsche die Geschwindigkeit und sein Moped. Nun ist man auf der Straße selten allein, ein Unfall mit der Geschwindigkeit bei der Verkehrslage vorprogrammiert. Im Endeffekt beherrschte er weder die Geschwindigkeit noch sein Motorrad. Pech hatte der Verstorbene.

    Gruß

    Pieke

    (Ich bin eins mit der Maschine :whistling: , und die Maschine ist mit mir :D )

    Einmal editiert, zuletzt von Pieke (21. März 2017 um 09:33)

  • Dies ist ein Tema welche schon hunderte User in Foren abgehandelt haben und immer wieder dabei die Emotionen hoch kochen.
    Setzt Euch auf Euren Bock und fahrt lieber. ;)

    Dat Leben ist schön aber teuer, man kann es auch billiger haben, aber dann ist es nicht mehr so schön.( Verfasser unbekannt)

    Gruß
    Michael

  • ok nach der groben Faustformel ist der Bremsweg aus 200km/h 400 m, Reaktionsweg 60 bei 300 Reaktion 90 Bremsweg 900 m
    wenn du bei von 50 km/h stehst hast du bei 70 km/h noch 50 km/h wo du grad gestanden hast .Aber das wisst ihr ja . Last uns fahren :)

    Konzentriere dich auf was du willst.Nicht was du nicht willst.Denn das ziehst du in dein Leben.Bob Lemon

  • Als vor vielen Jahren Kawasaki das erste Motorrad auf die Strassen brachte und ein Rennfahrer zeigte wie das Bremsen bei 300kmh aussieht wollten in Europa allen vorran Deustchland solche Leistungsbolzen verbieten.
    Es wurde darauf hingearbeitet eine Leistungsbremse eizubauen durch das Steuerteil, was ja auch zum Teil erfolgte. Suzuki Hayabusa welche über 300kmh lief und auch Kawasaki wurden in Europa eingebremst.In den USA dürfen weiterhin diese Motorräder voll offene Leistung haben, der Sinn erschliesst sich mir nicht wirklich wo gerade dort alles stark reklementiert ist.

    Ein Unding auch das in Europa nur noch 299 kmh auf den Tacho stehen müssen, dann stehen bleibt obwohl das Motorrad noch etwas zulegt...siehe Drehzahlmesser und weiterhin 299 kmh oder---- steht, warschein lich aus Psychologischen Gründen...ich weiss es nicht.

    Besagter Rennfahrer( wenn ich mich recht erinnere, war es Toni M.) hat dann gezeigt was eine plötzliche Notbremsung verursacht und wie lange das Fahrzeug brauch um auf den normalen Verkehrteilnehmer mit 130kmh fahrend regaieren zu können.
    Was für Kräfte wirken bei 300kmh auf einer normalen Autobahn und welche gut geschärften Sinne dafür benötigt werden kann nur ein Fahrer welcher top fit ist und im ständigen Training sich befindet absolvieren.

    Von beherrschen kann wohl gar keine Rede mehr sein auf einer öffentlichen Strasse, wobei wir beim Thema wieder angelangt wären.

    Dat Leben ist schön aber teuer, man kann es auch billiger haben, aber dann ist es nicht mehr so schön.( Verfasser unbekannt)

    Gruß
    Michael

  • @Pieke
    Ich kann dich nur immer wieder bitten, statt immer wenn dir eine andere Meinung nicht gefällt "du verstehst nicht" zu quäken, sondern es mal damit zu versuchen, auf dein Gegenüber einzugehen.
    Deine 1-Minuten-Glück Beschreibung befindet sich in etwa auf dem Niveau, wenn du nicht geboren wärst und darum einen Unfall nicht verursacht hättest, dann wäre das Glück gewesen.

    @RallaKoelle
    Zumindest für mich kann ich dir versichern, dass ich mich nicht angegriffen fühle, sondern einfach das Thema interessant finde. Erst heute wieder mit meinem Chef (ursprünglich Außendienstler) geredet, der seinen BMW noch nie ausgefahren ist und maximal so 160...180 fährt, weil es sonst mörderisch viel Konzentration brauche und allgemein zu anstrengend und gefährlich sei. Wenn ich da nicht vorher schon mal solche Unterhaltungen im Internet geführt hätte, die Gegenseite kennen würde, würde ich mich vielleicht verplappern und er ein negatives Bild von mir haben. (Man braucht sich ja nur Pieke ansehen, wenn man sehen will, was aus Ehrlichkeit resultieren kann.)

    Die Physik ist ja mit höheren Geschwindigkeiten nicht anders, das Bremsvermögen ist das gleiche, eher noch etwas höher, des Luftwiderstands wegen. Am besten ist das auf der Autobahn zu erkennen. Ob ich 100 auf der Landstraße fahre, ein Wanderer auf die Straße tritt und ich bremsen muss, oder ob ich 180 auf der Autobahn fahre, ein LKW ausschert und ich bremsen muss, ist fast exakt die gleiche Situation. Die Wege relativ zu einander sind die gleichen und das Fahrzeugverhalten ist auch das gleiche (mit der richtig eingeworfenen Einschränkung der höheren aufzuwendenden Bedienkräfte).

    Die 1 Sekunde Reaktionszeit ist das, was die Polizei freundlicher Weise zugesteht. Eigentlich ist es ja die viel kürzere Reaktionszeit + Umsetzzeit + Schwellzeit (während der schon gebremst wird) und für diese hab ich z. B. auch ein Video, in dem es als ich zum Überholen ansetze nur 0,8 Sekunden vom Aufleuchten des Blinkers vor mir bis zum tiefsten Eintauchpunkt der Gabel dauert. Bremsassistenten in modernen PKW können auch schon lange den Anteil Schwellzeit gegen Null reduzieren.
    Das macht mich jetzt nicht zu einem übermäßig guten Fahrer und negiert auch nicht die Relevanz des Sicherheitsabstands, aber das Wissen um diese Dinge hilft doch, das ganze nicht als "Glück" zu betrachten, sondern einfach realistisch und nüchtern einzuschätzen und auch eine eventuell aufkeimende Art "Angst" zu vermeiden. Ich weiß einfach, dass bestimmte Verkehrssituationen nicht so kritisch gesehen werden müssen, wie manchmal behauptet wird. Das wiederum hilft mir dabei, im Verkehr lockerer und entspannter zu sein - egal ob ich selbst schnell fahre oder ob es andere tun.

    Zur Arbeit in der Rückversicherung:
    Dadurch hat deine Frau ja nun immer mit den seltenen Schadensfällen zu tun. Sowas kann den Blick sehr leicht trüben. Frag sie doch bitte mal nach Statistiken. Unfälle je Kilometer gesamt, unter 100, zwischen 100 und 200, sowie über 200. Aber auch da bleibt es dabei, dass das nicht mehr oder weniger was mit Glück zu tun hat. Frag sie mal nach den jeweiligen Anteilen der Verursacher in den Geschwindigkeitskategorien. Es würde mich nicht wundern, wenn grade mit der Geschwindigkeit auch der Anteil der selbstverursachten Unfälle steigt, es also tendentiell weniger eine Frage des Glücks ist.


    Was mir aber thematisch noch am Herzen liegt, auch in Hinblick auf Lehren, die man ziehen kann:
    Ablenkung - Warnblinker - Einsehbarkeit - Folgefahrzeuge

    - Natürlich kann man nicht garantieren, nie abgelenkt zu werden. Rein biologisch gesehen verbessern sich aber Reaktion und Aufmerksamkeit durch den positiven Stress beim Schnellfahren. Umgekehrt gilt: Wenn ich mich grade schlapp fühle und leicht ablenken lasse, ist es vielleicht nicht die beste Idee, schnell zu fahren. In so fern würde ich diesen Teil deines Glückes eher als gute Einschätzung deiner momentanen Verfassung einstufen, da du wenn du weniger reaktionsbereit gewesen wärst, von vornherein langsamer unterwegs gewesen wärst. (Ich sage das jetzt mal ungeachtet der Möglichkeit, dass du natürlich auch einfach immer schnell fahren könntest und Glück war, dass du an dem Tag fit warst, und ungeachtet meiner sofort wieder zu Streit führenden Ansicht, dass man sich durch's Schnellfahren insbesondere kurzzeitig pushen kann um Ermüdungserscheinungen entgegenzuwirken.)

    - Zu Warnblinkern und Bremslichtern habe ich mir eine persönliche Handlungsvorschrift zurechtgelegt: If in doubt, brake. Wenn ich erkennen kann, warum da gebremst oder gewarnblinkt wird, dann entscheide ich wie ich reagiere. Vorher jedoch, oder wenn ich's gar nicht erkennen kann, dann sofort auf die Bremse. Ohne nachzudenken. Das spart Sekundenbruchteile, die zum Schluss den Unterschied machen können. War's dann doch nicht so schlimm, kann ich immer noch wieder beschleunigen. (Hab ja 170PS dafür.)

    - Sichtfahrgebot. Wenn ich nicht weit genug sehen kann um anzuhalten, dann muss ich langsamer fahren. Steht sogar so in der StVO. Die Einsehbarkeit einer Kurve ist also auch kein Glück. (Das ist ein Grund, warum ich die Überfahrt von der A14 auf die A38 östlich von Leipzig so mag, Autobahnkurven sind einfach sehr gut einsehbar und dadurch auch mit der Raste am Boden sehr sicher.)

    - Ich hatte mal einen Fall, in dem ich um eine Kurve kommend hinter einem landwirtschaftlichen Fahrzeug kräftig bremsen musste und fast stand. Kurz darauf hörte ich quietschende Reifen hinter mir. Natürlich auch danke an die Reaktion des Fahrers. Allerdings hatte auch er es nach den obigen Erklärungen selbst in der Hand (in den Füßen), dass es eben kein Glück war, dass er bremsen konnte. Dennoch habe ich selten so schnell das Gas auf und einen Satz nach vorn gemacht wie in dem Moment. Das macht mich weder zu einem besonderen Glückspilz noch zu einem besonders guten Fahrer: Ich habe ein automatisiertes Getriebe und brauche aus dem Stand nur Gas geben um anzufahren.

    Mir ist es wichtig, solche Dinge zu reflektieren. Allein schon für mich, aber wenn andere mitmachen, ist das um so besser. Ich fahre nicht besser als andere, aber manchmal habe ich den Eindruck, ich denke etwas mehr darüber nach. Und da stimme ich zu, ich finde, es ist ein super Thema für diese Jahreszeit, aber auch für jede andere Jahreszeit. Und auch wenn wir verschiedener Meinung sind, dann heißt das Schreiben und Lesen ja doch, dass man sich damit beschäftigt, damit auseinandersetzt. Das allein ist schon ein Gewinn für die allgemeine Verkehrssicherheit.

    @Jungblut
    Ich bin großer Fan davon nicht einfach "lieber zu fahren", sondern vor'm Fahren nochmal drüber nachzudenken. Wenn ich erst beim Fahren nachdenke, erst in der Situation für die es wichtig ist, dann ist das verschenkte Zeit. Lieber vorher eine klare Handlungsvorschrift bilden und dann ohne zu denken auf diese zurückgreifen.

    Was das von 300 auf 130 angeht, das ist das gleiche wie von 170 auf 0, immer relativ zum jeweils langsameren Objekt betrachtet. Jetzt ist freilich auf der Landstraße von 170 auf einen Abbieger nicht ganz ohne, drum macht man das (im Kreuzungsbereich) ja auch nicht, aber drum hat die Autobahn ja auch keine Abbieger und ist deutlich breiter als ne Landstraße.
    Ich hab's ja mit der ZZR 1400 gemacht, mit Anfang 20, 300 auf der Autobahn. Genau genommen hat bei ca. 270...280 der Tacho nen Satz gemacht, ist rumgehoppelt und hat sich iwann wieder bei 30km/h eingependelt. Muss was damit zu tun gehabt haben, dass die Sperre raus war, wenn ich das rückblickend so betrachte. War auch ne Überwindung, da noch am Gas zu bleiben. Aber wann hab ich das denn gemacht? Nicht im Berufsverkehr, sondern wenn auf der anderen Spur vereinzelt mal einer war der keinen überholen musste. Das hab ich nicht am ersten Tag gemacht, aber top fit und im ständigen Training? Sowas braucht man für die Rennstrecke, aber kaum für's Geradeausfahren auf der Autobahn.

    Ich bin kein besonders guter Fahrer, aber die Maschine beherrschen? Sie macht ja das meiste von selbst. Ohne ABS gehe ich gar nicht vor die Tür, der Lenker ist kein Stützer und geradeaus tut sie von alleine.

    PKW und Motorrad auf der Straße sind wie Stein und Wasser im Fluss. Das Wasser zürnt nicht dem Stein.

  • Wo soll ich da darauf eingehen? Egal was man schreibt, du verstehst es nicht im Zusammenhang, sondern pickst dir nur das raus, was du brauchst. Bei deinem Geschwafel ist mir das Fliegen eingefallen. Fliegen ist total beherrschbar. Jemand springt von der Klippe und fliegt. Manche würden sagen er fällt, kommt eigentlich aufs Gleiche hinaus.
    Während alle das Gesamte betrachten, siehst du nur den Aspekt des Fliegens. Das ist sicher. Selbst mit 500 km/h ist es sicher. Überschall kein Problem. Aber irgendwann kommt die Landung. Das nicht zu betrachten, kann man machen, hilft aber keinem wirklich. Es zeugt nur von deiner kleinen Welt.
    Das du Glück oder Pech einfach verneinst, liegt vielleicht auch daran, dass du es nicht beeinflussen oder gar erfassen kannst. Dein Problem. Es gibt Berufsgruppen, die vom Schicksal anderer Menschen leben. Diesen Leuten ihre Erfahrung abzusprechen, zeugt von keiner guten Kinderstube, aber das hatten wir bereits. Akzeptieren wirst du es nicht. Verstecke dich ruhig hinter irgendwelchen Statistiken und Diagrammen.
    Und erzähl mir nichts von wegen Ehrlichkeit. Du hast mal stolz behauptet, hier Forum genauso so zu sein wie außerhalb des Forums. Jetzt schreibst du, dass du deinen Chef anders gegenüber auftrittst. Kommt deine Art vielleicht doch nicht so gut an, in der richtigen Welt?
    Und wenn du dich über mein Niveau beschwerst, ja... ich bin mittlerweile auf deine Höhe angekommen. Aber auch das habe ich schon geschrieben.

    Gruß

    Pieke

    (Ich bin eins mit der Maschine :whistling: , und die Maschine ist mit mir :D )